Jordi Galcerán, Die Grönholm-Methode
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Galceráns intensives Kammer- oder besser
Konferenzzimmerspiel wirft nämlich die Frage auf, ob eine Welt der
Megakonzerne, Topmanager, Hochfinanzen und Spitzenverdiener zwangsläufig
auch von Superschweinen am Leben erhalten wird? Nach zwei in der Wiener
Scala verbrachten Theaterstunden muss die Antwort darauf ziemlich positiv
ausfallen: zu kaltschnäuzig, egozentrisch, menschenverachtend,
gefühlskalt und brutal erscheinen alle Beteiligten. Damit qualifizieren
sie sich zweifellos als Spitzenreiter für den ausgeschriebenen Posten,
aber die Dinge liegen hier noch wesentlich komplizierte, als es zuerst den
Anschein hat. Unter Rüdiger Hentzschels gefinkelter Regie lassen uns die
vier Figuren fast bis zuletzt im Unklaren darüber, auf welcher Seite sie
eigentlich stehen und wie man sie einschätzen soll.
Dass die Darsteller Manfred Fau, Peter Streimelweger, Michaela Kaspar und
Carl Achleitner vor lauter Täuschungsmanövern und Finten zuletzt selber
noch wissen, worauf sie hinauswollen, zählt zu den durchaus positiven
Aspekten des Abends; und noch eine weitere beruhigende Erkenntnis
kristallisiert sich allmählich heraus: Nur die miesesten Charaktere
werden hier zwar gewinnen, aber für beste Unterhaltung ist trotzdem
gesorgt.
events.at / Franco Schedl
"Die Grönholm-Methode" Stadttheater / Rüdiger Hentzschel inszeniert die groteske Geschichte um einen gnadenlosen Selektionskampf. "Wir suchen nicht einen guten Menschen, der nach außen ein
Arschloch ist. Was wir suchen, ist ein Arschloch, dass nach außen ein
guter Mensch ist!" Diese Pointe bringt die Quintessenz der Handlung von
"Die Grönholm-Methode" auf den Punkt: Abgeschottet von der Außenwelt treffen
vier ausgewählte Bewerber - drei Männer und eine Frau - in der Endrunde eines Auswahlsverfahrens
für die Managerposition aufeinander. Jeder Kandidat kommt für den attraktiven Chefposten in Frage.
Und jeder von ihnen wird mit unterschiedlichen und ungewöhnlichen Aufgaben konfrontiert, die nur für ihn bestimmt sind.
Dennoch müssen sie innerhalb der Gruppe gelöst werden! Ein atemberaubender Psychokrieg
beginnt, als klar wird, dass einer der Mitbewerber ein Vertreter der Personalabteilung des Unternehmens ist... NÖN / Gaby Schätzle |
Grönholm-Methode "It's the economy, stupid", sagte einmal Bill Clinton. Wer's nicht glaubt, geht ins Stadttheater Mödling und schaut sich das Theaterstück des Spaniers Jordi Galercán an.
Drei Männer und eine Frau wollen einen hoch dotierten Managerjob. Doch statt eines Hearings müssen sie sich einem aufreibenden Wettkampf stellen. Und es gibt starke Indizien, dass
einer oder eine der Vier ein Mitglied der Personalabteilung ist ... NÖN / -TJ- |
Das ist Brutalität: Manager unter sich Vier Anwärter auf einen gehobenen Managerposten werden gemeinsam in einen Konferenzraum gelockt, um - so scheint es jedenfalls - sich selbst und ihre Mitbewerber bei verschiedenen Aufgaben bloßzustellen. Der Katalane Jordi Galcerán widmet sich in seinem Stück "Die Grönholm-Methode" dem Thema "Humankapital" - zur Entstehungsgeschichte, 2003, machte die Veröffentlichung von menschenverachtenden Notizen eines Personalberaters in Spanien gerade Furore. Thema und Umsetzung sind auf der Bühne vor allem deshalb spannend, weil sich ganz unterschiedliche Sichtweisen auf die Charaktere eröffnen; denn obwohl klar scheint, wer oder wo die Bösen zu orten sind und welche Eigenschaften von den Kandidaten erwartet werden, ändert sich alles mit deren Funktion. In der Scala spielen sich unter der Regie von Rüdiger Hentzschel drei Männer und eine Frau entschlossen um Kopf und Kragen. Kein Glück oder Unglück ist zu privat, als dass es in Verbindung mit der Reaktion der anderen nicht für den zukünftigen Arbeitgeber aufschlussreich sein könnte. Moral oder Mitgefühl haben ausgedient. Falter / Hagen, Bettina
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Horror in der Chefetage - Bewerbungsgespräch als Psycho-Krimi - Im Stadttheater Mödling Drei Männer, eine Freu, ein Top-Job. Eine skurrile Bewerbungssituation setzt der spanische Autor Jordi Galcerán (44) in "Die Grönholm-Methode" in Szene
Badener Rundschau / Stockmann, Renate
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Jordi Galcerán, Die Grönholm-Methode
Die böse Satire, die nur einen Schritt von der wirklichen "schönen neuen Arbeitswelt" entfernt ist, schwankt zwischen Krimi, Komödie und Kafka.
Gerade erst hat das Volkstheater in den Bezirken „Reden mit Mama“, ein Stück des katalanischen Autors Jordi Galceran gezeigt, und schon begegnet man ihm wieder, diesmal in der Scala. Und mit einem weit wirkungsvolleren, direkt aus der heutigen Arbeitswelt gegriffenen Stück, das folglich derzeit landauf, landab gespielt wird: „Die Grönholm-Methode“. Und das ist begreiflich, denn man kann Auseinandersetzungen mit der Hier-und-Heute-Welt nicht irgendwelchen verblödeten Fernsehfilmen überlassen. Was das Theater zum Thema zu leisten vermag – die „Top Dogs“ von Urs Widmer (2004) haben es beispielsweise gezeigt.
Wenn sich hier vier Kandidaten in einem Raum einfinden, die offenbar alle geladen sind, weil sie sich in der Endrunde für einen äußerst lukrativen Job befinden, dann greift der Autor das Thema der „Personalauswahl“, wie es für Spitzenpositionen immer üblicher geworden ist, auf zwei Ebenen an. Einerseits zeigt er, welchem Psychoterror man Menschen aussetzt, um sie auf ihre Persönlichkeitsstruktur und Belastbarkeit zu prüfen – kurz, die „Killer“ zu finden, die man heutzutage braucht. Andererseits aber deckt Galceran auch höchst kritisch auf, was Menschen mit sich machen lassen, wenn man nur mit dem dicken Scheck winkt.
Das simple Ergebnis für die Bühnenrealität kann dann in einer gelungenen Mischung von legitimer Spannung, Humor, pirandellesken Fragestellungen, dem überraschenden Kippen von einer Ebene in die andere und manchmal blankem Erstaunen des Zuschauers bestehen.
All das gelingt in der Scala in der genauen, konzentrierten Regie von Rüdiger Hentzschel sehr gut, wobei Hausherr Bruno Max sich darauf beschränkt hat, das exzellente Bühnenbild zu entwerfen: Einerseits ahnt man durchaus das Ambiente einer Weltfirma, andererseits ist der Charakter des Eingeschlossenseins mühelos gewahrt. Vier Darsteller liefern den Kampf der Kandidaten gegen einander, und sie tun es virtuos, wobei Peter Streimelweger den anderen sogar ein wenig davonläuft. Dieser Schauspieler, der in Erscheinung und Sprache etwas ist, was es nicht mehr zu geben scheint, nämlich ein echter Hofmannsthal-Typ, blättert hier ein überreiches Repertoire an Tönen und Stimmungen zur Schilderung von Lüge und Wahrheit, Angeberei und Duckmäusertum auf. Michaela Kaspar als einzige Frau des Spiels kann mithalten, da ist Souveränität, Kraft, Entschlossenheit, Emotion und Coolness – und am Ende ist vielleicht alles nicht wahr? Manfred Fau und Carl Achleitner fügen sich perfekt ins Spiel. Das ja nun doch ein bisschen mehr ist – nämlich Nachdenkfutter darüber, wie man sich selbst in unserer schönen, neuen Arbeitswelt verhält…
Merker/ Wagner, Renate