Foto © Bettina Frenzel

Als Detektiv im Theater

DIE FALLE von Robert Thomas, Premiere: 21. Februar 2012, besucht wurde die Generalprobe

„Robert Thomas“ ist ein absolut internationaler Name. Er könnte einem Deutschen gehören oder einem Briten bzw. Amerikaner. Tatsächlich muss man den Namen gewissermaßen näselnd aussprechen, denn Robert Thomas (1927-1989) war Franzose. Den letzten großen Erfolg seines Lebens hat er nicht mehr erlebt, als sein Kriminalstück „8 Frauen“ mit Catherine Deneuve und weiterer Starbesetzung verfilmt wurde. Thomas war davor allerdings schon vergessen. Als er 1960 mit „Die Falle“ seinen ersten großen Erfolg feierte, war dieser ein weltweiter gewesen – in deutschen Landen sind die diversen Fernsehkommissare gern in der Rolle des dort vorkommenden Kommissars auf der Bühne gestanden…
Wenn das Theater Scala, das sich zu einem gemischten Spielplan zwischen Shakespeare und Krimi, frei von den Zwängen aktueller Produkte von Modeautoren bekennt, nun diese „Falle“ (als österreichische Erstaufführung!) herausbringt, dann herrscht Nostalgie pur. Man fühlt sich in Zeiten zurück versetzt, als Fernsehkrimis wie „Das Halstuch“ von Francis Durbridge „Straßenfeger“ waren. In diese „schwarz-weiße“ Welt versetzt übrigens schon das geradezu ingeniöse Bühnenbild von Marcus Ganser: Dieser hat, im Geist der damaligen Zeit, den Künstler Roy Lichtenstein geradezu „geplündert“, um in seinem Stil, mit den klassischen Umrahmungen und natürlich den unvermeidlichen „Pünktchen“, ein großzügiges Chalet in den französischen Bergen auf die Bühne zu bauen. Das bietet Atmosphäre und Verfremdung zugleich und ist der ideale Rahmen für die so altmodisch erdachte und unsterblich wirkungsvolle Krimihandlung.
Ja, der arme Monsieur Daniel (Rüdiger Hentzschel mit verwirrtem Blick, dann zunehmend panisch) kann einem nur leid tun: Da ist ihm seine junge, frisch angetraute (und, nebenbei verraten: sehr reiche!) Ehefrau abhanden gekommen. Was soll er tun, außer den offenbar mitfühlenden Polizeikommissar anjammern (Marcus Ganser, auch als Darsteller dabei, mit französischer Pullmann-Kappe, Brille, freundlichem Wesen). Als der Abbé des Dorfes auftaucht, möchte man einfach noch nichts Böses vermuten (Carl Achleitner ist herrlich ölig, geschmeidig und hintergründig). Aber als dieser die verschwundene Ehefrau plötzlich mitbringt – ja, da ist die Hölle los: Denn Daniel schwört, das sei nicht seine Frau (und Monika Anna Cammerlander ist bis in die Finger- und Zehenspitzen ein herrliches Biest).
Während die Handlung weiterläuft, rattern im Zuschauergehirn die Möglichkeiten: Soll der arme Daniel in den Wahnsinn getrieben werden? Oder ist er vielleicht ohnedies verrückt, und die anderen sind normal? Wenn dann ein Mann auftaucht, der die Identität der Gattin angeblich bezeugen kann (Clemens Aap Lindenberg als trinkfreudiger Landstreicher), und es sogar noch eine Krankenschwester mit derselben Möglichkeit gibt (Birgit Wolf mit starken Auftritten) – und man wieder nicht weiß, wer lügt und wer die Wahrheit spricht…
Egal, vielleicht kommt man ja, wenn man die Möglichkeiten durchspielt, auch auf die richtige Lösung. Jedenfalls weiß der gewiefte Krimi-Seher oder –Leser ja nur eines mit Sicherheit: Man darf niemandem nichts glauben. Jeder, absolut jeder, kann „der Täter“ sein. Das sind zwei amüsante Stunden, die Regisseur Rüdiger Hentzschel und die „Scala“ da bereiten. Unterhaltung schlicht und pur. Und so nostalgisch.

Der neuen Merker, 22.02.2012/ Renate Wagner

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